Scholz-Gruppe

Der Schrott-Riese von der Ostalb wird AG



ESSINGEN - Mit rund 80 Beteiligungen in zahlreichen Ländern ist die Scholz-Gruppe Essingen (Ostalbkreis) zum größten mittelständischen Schrott- und Recycling-Unternehmen Europas herangewachsen. Die Gruppe setzte 1998 mit der Verarbeitung von sechs Millionen Tonnen Schrott 1,5 Mrd. DM um.

Von unserem Mitarbeiter Johannes Müller

Von den gesamten sechs Millionen Tonnen Schrott entfallen auf die C.-H. Scholz KG in Essingen zwei Millionen Tonnen und 500 Mill. DM. Ende Juli 1999 soll die Scholz-Gruppe , die 3000 Mitarbeiter (davon 120 in Essingen) beschäftigt, in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden.

Das Unternehmen, das auch als Hauptsponsor der „Ostalb-Bären“ vom KSV Aalen (amtierender deutscher Ringer-Mannschaftsmeister) bekannt ist, hat sich diese herausragende Position aus kleinsten Anfängen heraus erarbeitet.
Geschäftsführender Gesellschafter (Komplementär) ist Berndt-Ulrich Scholz. Sein Urgroßvater Paul Scholz hatte 1872 in Liegnitz (Schlesien) einen Sortierbetrieb mit Rohproduktengroßhandel gegründet. 1945 wurde die Familie vertrieben und machte sich 1949 in Aalen seßhaft, wo Carl-Heinz Scholz mit Frau Irmgard den Grundstock für das heutige Unternehmen legte.
1964 trat mit dem Sohn Berndt-Ulrich Scholz als persönlich haftender Gesellschafter die dritte Generation in den Betrieb ein. Der war inzwischen wegen besserer Gleisanbindung ein paar Kilometer weiter westlich nach Essingen verlegt worden. Berndt-Ulrich Scholz begann, die Firma überregional auszubauen. Scholz fasste Fuß bei Daimler-Benz, BMW, Audi sowie der Bundesbahn und übernahm die Entsorgung. „Grundsätzlich kann man sich im Schrott regional nicht wesentlich vergrößern,“ räumt Berndt-Ulrich Scholz im Gespräch mit unserer Zeitung ein. Den Schrott über weitere Entfernungen auf der Straße zu transportieren, ist zu teuer. „Wir vergrößern deshalb unsere Firma, indem wir uns an Betrieben beteiligen oder sie übernehmen, wenn keine Nachfolger da sind oder wenn kein Interesse mehr an der Fortführung besteht,“ berichtet Scholz. Dabei sei er bereit zu investieren und ein größeres Risiko einzugehen als andere. Der größte Sprung nach vorne gelang ihm nach der Wiedervereinigung. Durch Übernahme von der Treuhand gehören heute die besten Schrottbetriebe in den neuen Bundesländern zur Scholz-Gruppe. „So kamen wir an lukrative Aufträge wie die Verschrottung von rund 2000 Kampfpanzern und weiterer umfangreicher NVA-Waffenarsenale,“ schildert der Firmenchef. Außerdem werden im Osten immer noch viele Fabriken, darunter ganze Stahlwerke, Brücken und Häuser abgerissen. Auf den vielen Altschrott hat man sich bei Scholz eingerichtet. Der Gruppe gehören heute 30 Großscheren, 20 Pressen, sieben Schienenbrecher, zehn Shredder- bzw. Kondiratorenanlagen und rund 250 Lkws. „Wenn und wo möglich benützen wir allerdings für unsere Transporte den Schienen- und Wasserweg,“ erklärt Scholz. Weil man jedoch nicht ewig von Altschrott aus Firmenabbrüchen leben kann, konzentriert sich Scholz zunehmend auf den Recyclingbereich. Bei der Stahlerzeugung nützt Scholz den Trend „weg vom Hochofen — hin zum billigeren Elektroofen“. Der aber kann nur auf Schrottbasis fahren. Deshalb sind in den letzten Jahren viele Elektrostahlwerke in Europa entstanden, auch in Ostdeutschland. „Und dort sind wir stark,“ bekennt der Firmenchef nicht ohne Stolz.

Er zählt die Scholz-Gruppe neben der Krupp-Hoesch-Rohstoff-Recycling und der holländischen SHV-Gruppe zu den drei größeren Schrottunternehmen Europas. Da es sich aber bei den beiden Mitbewerbern um Konzerne handele, sei die Scholz-Gruppe das größte mittelständische Unternehmen. „Unsere Geschäftsführer sind direkt an der Gesellschaft oder am Gewinn beteiligt,“ hebt Scholz hervor. Er verweist auf einen starken Marktanteil in Süd- und Ostdeutschland, sowie in Tschechien, der Slowakei, Kroatien, Slowenien, Ungarn, Lettland, Polen, Rußland und Frankreich. „Wir bauen in Osteuropa laufend neue Standorte auf,“ berichtet Scholz. “Über 40 Läger haben wir schon in den russischen Regionen Rostow am Don, St.Petersburg und Vyborg.“
Das heißt aber nicht, daß Scholz nicht auch in deutschen Landen expandiert, wo sich Gelegenheit bietet. So hat er kürzlich die Gesenkschmiede Schneider in Aalen (GSA) mit 450 Mitarbeitern zu 75 Prozent übernommen. Mit seinem Sohn Oliver, der als Kommanditist am Unternehmen beteiligt ist, zeigt sich Berndt-Ulrich Scholz optimistisch: „Die Aktiengesellschaft ist die Rechtsform der Zukunft. Sie ermöglicht uns, auf die Beteiligungserträge aus dem Ausland das Doppelbesteuerungsabkommen anzuwenden.“ Ein Gang an die Börse ist nicht vorgesehen.
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(c) 1999 Schwäbische Zeitung
Datum=03.07.1999; Quelle=Mantel; Sektion=a; Ressort=Wirtschaft; Seite=12;